Aus der EINSVIER: Wo junge Menschen aufblühen

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Viele bunte, farbenfrohe Wandbilder.

Wo junge Menschen aufblühen

Vor mehr als 13 Jahren gründeten junge Mitglieder der Jüdischen Gemeinde den Jugendclub „Lifroach“. Die junge Potsdamerin Anna Antonova engagiert sich seit Anbeginn für die einzigartige Institution.

Musikinstrumente, Theaterrequisiten, Bücher, Malereien und jede Menge Erinnerungen: Der Jugendclub der Jüdischen Gemeinde Potsdam ist ein Raum voller Leben. Requisiten erzählen von Theaterstücken, die die jungen Menschen regelmäßig zum Purimfest in der Gemeinde aufführen. 

Schöne Mitbringsel von Ausflügen sind zu sehen. An einer der Wände prangt das blau-weiße Logo von „Lifroach“: eine Lilie, die aus einem Davidstern herausblüht. „Aufblühen“ bedeutet das hebräische Wort „Lifroach“. Entworfen hat das Logo Anna Antonova. Die junge Potsdamerin ist eine der Mitbegründerinnen des Jugendclubs und engagiert sich seither als Betreuerin. Heute ist sie Co-Leiterin der Einrichtung.

Ein Stück Heimat

In einer Ecke des Raums strahlen junge Gesichter von etlichen Erinnerungsfotos, die bei den Festen, Veranstaltungen, Sommercamps oder auf den Ausflügen entstanden sind. „Einige der Kinder sind längst groß. Es ist immer schön zu sehen, wie sie wachsen und sich verändern“, sagt Anna Antonova. Auch auf sie trifft das zu.

Als der Jugendclub 2011 eröffnete, war sie 18 Jahre alt. Heute ist die 31-jährige Mutter und studiert in Potsdam Geschichte und Deutsch auf Lehramt. Mit ihrer Familie kam sie im Alter von drei Jahren aus Russland nach Deutschland. Später zogen sie nach Potsdam und wurden Teil der Jüdischen Gemeinde. „Ein großes Glück“, wie sie sagt. 

„Die Gemeinde ist seither ein Stück Heimat für uns.“ Hier habe sie sich mit ihrer jüdischen Identität auseinandergesetzt. „Es ist sehr wertvoll und bereichernd für das eigene Leben, wenn man weiß, welche Bedeutung die jüdische Kultur und Religion haben.“

Eine Frau steht vor einer Wand, auf der ein Baum und eine blau-weiße Lilie gemalt sind.
„Es ist immer schön zu sehen, wie unsere Kinder wachsen und sich verändern“, sagt Anna Antonova, Mitbegründerin und Co-Leiterin von „Lifroach“.

Anlaufpunkt für viele junge Menschen

Für Anna Antonova war es selbstverständlich, der Gemeinde etwas zurückzugeben und sich einzubringen. So unterstützt sie etwa ein inklusives Projekt und vertritt die Gemeinde beim Interreligiösen Forum. Die Idee für „Lifroach“ entstand in einem Sommercamp. Dort tat sich Anna Antonova mit weiteren jungen Menschen zusammen, wenig später gründeten sie gemeinsam den Jugendclub. 

Heute nehmen bis zu 40 junge Menschen regelmäßig an den Angeboten teil. Ohne Valentina Ivanidze, die Leiterin, wäre dies nicht möglich gewesen, betont Anna Antonova. „Sie hat mit viel Engagement das Jugendzentrum mit aufgebaut und erst zu dem gemacht, was es heute ist.“

 

„Unser ganzes Team würde am liebsten den Jugendzentrumsraum mitnehmen.“

Eine Frau steht vor einer Wand, auf der ein Baum und eine blau-weiße Lilie gemalt sind.
Anna Antonova, Co-Leiterin des Jugendclubs

Spielerische Wissensvermittlung

Streng religiös geht es hier nicht zu. „Unsere Aufgabe ist es, den Kindern und Jugendlichen ganz subtil die wichtigsten Aspekte der jüdischen Kultur und Religion zu vermitteln. Aber wir zwingen niemanden zu etwas. Sie sollen allein entscheiden, wie viel sie davon in ihren eigenen Alltag mitnehmen und ausleben wollen.“ 

Die Jüdische Gemeinde sei vielfältig, sagt Anna Antonova. Viele Mitglieder stammen aus Staaten, die aus der einstigen Sowjetunion hervorgegangen sind, aber auch längst aus anderen Teilen der Welt. Daher seien die Themen Toleranz und Weltoffenheit selbstverständlich. „Wir wollen den jungen Menschen zeigen, dass Unterschiede bereichernd sind und wie wichtig ein respektvolles Miteinander ist.“ So stehe „Lifroach“ jedem offen.

Mehr Sichtbarkeit

Am liebsten würde die junge Frau den Raum des Jugendclubs mitsamt den schönen Erinnerungen in das neue Synagogenzentrum mitnehmen. Denn noch in diesem Jahr ist der Umzug der Gemeinde geplant. „Wir hoffen, dass wir dort im Herbst das Sukkot-Fest feiern können. Dabei ist es Brauch, auch nicht-jüdische Freunde einzuladen, um zusammenzukommen und gemeinsam zu essen. Das Synagogenzentrum wird für mehr Sichtbarkeit von jüdischem Leben sorgen. Das ist eine Bereicherung für Potsdam.“

TEXT SARAH STOFFERS