Aus der EINSVIER: Glücksfall Krampnitz

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Rendering einer belebten Einkaufsstraße mit Straßenbahn und Grünstreifen in der Mitte

Glücksfall Krampnitz

Wenn man ein ganzes Stadtquartier neu bauen kann, gleichsam eine völlig neue Stadt in die
Landschaft setzt, dann ist das ein Glück. Alle Fehler und Erfahrungen, die man in den letzten Jahrtausenden beim Bau von Städten gemacht hat, können mitgedacht und von allem das Beste genommen werden: Licht, Luft, Ruhe, Urbanität zwischen Nähe und Distanz, Sicherheit, menschlich
bemessene Kubaturen und Räume, gesunde und schöne Materialien, sattes Grün …

Krampnitz ist so ein Glücksfall. Die Visionen für das Stadtquartier geben einen schimmernden Ausblick auf die Stadt von Morgen. Es macht Spaß, durch die Pläne und Animationen zu surfen: Ein innovatives Energiekonzept, grünes, aber bezahlbares Wohnen, eine nachhaltige Schwammstadt, ein schönes Stadtbild, das rhythmische Grünsystem, qualitätsvolle soziale Infrastruktur. Und in Sachen Mobilität? Was wird da der neue Stadtteil bieten?

Alles dichte anbei

„Das Alltägliche wird man zu Fuß erledigen“, sagt David Oberthür, Projektkoordinator für Krampnitz. Ob Kita, Supermarkt, Drogerie oder Apotheke: Was im Alltag benötigt wird, findet sich rund um die beiden Stadtplätze des Stadtquartiers. „Wenn du Glück hast, dann führen dich deine täglichen Wege zwei- oder dreimal am Tag durch den Park“, ergänzt Christoph Kasper, Projektleiter im Team Krampnitz: 

„Das gibt es nicht so oft.“ Krampnitz als Stadt der grünen Wege? „Und der kurzen“, nickt der Landschaftsplaner. „In unmittelbarer Nähe findest du alle Angebote, die sich zu einer Stadt summieren. Einkauf, Freizeit, Kommunikation, Sport, Schule … Alles da.“ Die zum Unternehmensverbund ProPotsdam gehörende Entwicklungsträger Potsdam GmbH plant derzeit den Bau von 4.900 Wohnungen für 10.000 Menschen. Außerdem werden etwa 3.000 Arbeitsplätze entstehen. 

Projektkoordinator David Oberthür
Projektkoordinator David Oberthür

Auf und davon

Wer in Krampnitz wohnt und bestenfalls gleichzeitig arbeitet, seine Kinder hier in Kita oder Schule schicken kann, muss das Stadtquartier nicht verlassen, um seinen Alltag zu organisieren. Ich rechne nach: Das würde bedeuten, dass rund die Hälfte der Krampnitzer immer da sind 5.000 Menschen, die all ihren täglichen Kram zu Fuß erledigen können. Das Gewimmel möchte ich sehen. Wer eher das Weite sucht oder suchen muss, der kommt in wenigen Minuten nach Potsdam, nach Marquardt oder nach Spandau. Wer das nicht mit der Tram oder dem Bus machen will, der kann es mit dem Rad tun. Ein Radweg nach Potsdam ist geplant. Wir reden über 10 oder 12 Minuten Fahrzeit. Na ja, ich würde wohl eher 15 brauchen. 

Eine Visualisierung eines Wohnquartiers mit einem großen grünen Park in der Mitte.
So könnte es schon bald im neuen Stadtteil in Krampnitz aussehen.

Bus, Tram und Fahrrad werden auch die wichtigsten Verkehrsmittel innerhalb der Siedlung sein. Jede Verkehrsfläche wird mehrfach genutzt: Wo Rad, da auch Fußgänger oder Auto. Das erfordert Raffinesse bei der Planung und Rücksichtnahme in der Realität. David Oberthür macht sich da weniger Sorgen: „Das wird ein freundlicher Ort mit freundlichen Menschen. Das wird schon klappen.“

Integrierte PKW

Was die beiden Entwickler nicht erzählen, sieht man auf den animierten Zukunftsbildern: 

Plätze und Straßen mit Leuten jeden Alters, Gartenstühle vor Cafés, altersgerechtes Vorankommen mit Rollatoren, Kinderwagen, Skatern, Rollern, Lastenrädern oder Bikes, Pausen im Park mit Ball, Hund oder Picknickkorb. Überall Bewegung, überall Verkehr, überall Menschen – aber wo sind die Autos?

David Oberthür tippt mit dem Finger auf eines der Bilder und zeigt auf eine Fassade mit unauffälliger Gliederung und gefälliger Farbgestaltung: „Da könnten sie zum Beispiel sein. Wir haben Quartiersgaragen geplant, das sind einfach gesagt nachbarschaftliche Parkhäuser. Sie sind so angeordnet, dass jede Nutzerin und jeder Nutzer maximal 300 Meter Weg zu seiner Wohnung hat. Das sind drei oder vier Minuten, die man braucht.“ Wer Einkäufe, Urlaubsgepäck oder andere Lasten bewegen muss, der kann zum Ein- und Auspacken für den Moment vor seinem Wohngebäude halten.

Natürlich kann man in Krampnitz wohnen und ein Auto besitzen. Man kann halt nicht überall rumkurven und den Wagen wer weiß wo im öffentlichen Raum stehen lassen. Wie überall ist das auch hier reglementiert. Hier eben etwas menschenfreundlicher als anderswo. Ohnehin rechnet Projektleiter
Christoph Kasper nicht mit so vielen Autos: „Man braucht das Auto einfach nicht: Für den Alltag ist alles gleich nebenan. 

Ansonsten gibt es die schnellen Verbindungen mit der Tram und den Bussen.“ Und wer wirklich ein Auto braucht, für den Urlaub, für Wochenenden oder für einen großen Einkauf: An den Quartiersgaragen kann man auch ein Auto oder einen Transporter ausleihen. Mehr als sonst wo. Fürchtet der Entwicklungsträger kein Akzeptanzproblem, wenn es so wenige Parkplätze gibt? Christoph Kasper schüttelt den Kopf: „Es gibt genug Leute, die ohne Auto leben wollen. Dazu brauchen sie eine stimmige Infrastruktur, die Arbeitsstelle möglichst um die Ecke oder erreichbar mit Bus oder Tram, die Natur nebenan. Alles das bietet Krampnitz.“

Projektleiter Christoph Kasper in der Schwedischen Allee in Krampnitz.

Auch David Oberthür ist optimistisch: „So viel Mobilität wie hier gibt es sonst nirgendwo. Optimale Bedingungen für Tram, Bus und Fahrrad. Lastenräder und Roller zum Ausleihen, selbst fürs Auto ist gesorgt ... Hier kann sich jeder jeden Tag aufs Neue überlegen, wie er unterwegs sein will.“

TEXT CARSTEN HAGENAU