Aus der EINSVIER: Ein Stadtteil in Eigenregie

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Das Wohnquartier Bornstedter Feld von oben. Es sind viele Gebäude und der Volkspark Potsdam zu sehen.

Ein Stadtteil in Eigenregie

Das Bornstedter Feld nennen heute mehr als 14.150 Menschen ihr Zuhause, EINSVIER-Redakteurin Carolin Brüstel eingeschlossen. Sie reist zurück in die Zeit, als sich hier zwischen maroden Kasernen und weiter Flur Fuchs und Hase noch „Gute Nacht“ sagten.

Es ist 1991. Deutschland ist wiedervereint. Die sowjetischen Truppen beginnen ihren Abzug. Sie hinterlassen große Flächen, so wie in Potsdam das Bornstedter Feld. Für das Gebiet entstehen schnell Begehrlichkeiten, erinnert sich noch heute Potsdams erster Baustadtrat nach der Wende, Detlef Kaminski: „Vor allem seitens der Bundesrepublik Deutschland als Eigentümerin der gesamten militärischen Liegenschaften. Der Bund begann zügig, die ersten Grundstücke an Bundesgesellschaften weiterzureichen.“

Die Entwicklungssatzung für das Bornstedter Feld sorgte auf Bundesebene für reichlich Diskussionen und für die Übertragung der Liegenschaften im Bornstedter Feld.

Ein Mann vor einem ehemaligen Kasernen-Gebäude aus rotem Klinker.
Detlef Kaminski, ehemaliger Baustadtrat der Landes

 

Als erstes wird die Kaserne Kirschallee, gelegen im Südwesten, an die Ruhrkohle Immobilien AG übergeben. Dem bunten Markttreiben um den neuen Potsdamer Norden möchte die Stadt jedoch nicht tatenlos zusehen. Rasches Handeln ist gefragt.

„Wir hatten einen erheblichen Bedarf an Flächen für Wohnungen und Gewerbe. Daher haben der damalige Stadtrat für Stadtentwicklung, Peter von Feldmann, und ich uns überlegt, wie wir den Plänen des Bundes einen Riegel vorschieben können“, erzählt Kaminski, nicht ohne zu schmunzeln. 

 

Bund versus Stadt

Am 4. Dezember 1991 fassten die Stadtverordneten den Beschluss, die Entwicklung des neuen Stadtteils auf den ehemaligen Militärflächen in eigener Regie zu übernehmen. Im Februar 1993 tritt die erforderliche Satzung in Kraft und das Bornstedter Feld gilt fortan offiziell als städtebaulicher Entwicklungsbereich; die Stadt beauftragt den gleichnamigen Entwicklungsträger mit der Durchführung.

Eine Satzung macht zwar noch kein Eigentum. „Sie erleichtert jedoch Enteignungen zugunsten der Gemeinde zur Erfüllung ihrer städtebaulichen Aufgaben“, Kaminski lächelt. „Das sorgte gegenüber dem Bund für reichlich Diskussionen und für die Übertragung der Liegenschaften im Bornstedter Feld.“ 1998 gelangt der Entwicklungsträger in das Eigentum der ehemals militärischen Flächen im Potsdamer Norden.

Ein altes, heruntergekommenes Stallgebäude.
Das frühere nördliche Stallgebäude am Voltaireweg in der ehemaligen Garde-Ulanen-Kaserne.

Park und Kasernen

Eine Fläche für den „neuen Norden“ hatte man. Doch wie soll er gestaltet werden? Das Areal war bis dato geprägt durch Kasernen, teils denkmalgeschützt, Schutzwälle für Schießplätze, Erdbunker und Panzergräben. Zusätzliche Besonderheit ist die Lage des Bornstedter Feldes, eingebunden in historisch bedeutende Landschaften. Der Pfingstberg und die Alexandrowka im Osten, der Ruinenberg im Süden, das Nedlitzer Holz und der Jungfernsee im Norden und die Lennésche Feldflur im Westen.

Eine erste Konkretisierung wird mit dem Konzept einer Arbeitsgruppe von Bonner und Potsdamer Architekten des Bundes Deutscher Architekten vorgelegt. Der Kern der städtebaulichen Idee: ein Volkspark, der das Bornstedter Feld durchläuft und den Ruinen- mit dem Pfingstberg sowie dem Nedlitzer Holz verbindet.

Jedes Quartier, welches seinen Kern in einer alten Kaserne hat, soll möglichst am Park liegen und seinen eigenen Charakter erhalten. Soweit der Plan. Nun muss dieser in die Realität umgesetzt werden.

Von den „blühenden Landschaften“, die der einstige Bundeskanzler Helmut Kohl seinerzeit versprach, ist auf dem Feld im Norden noch nichts zu sehen. Das kann auch Jochen Putz bestätigen, der 1996 zum Entwicklungsträger Bornstedter Feld kam.

„Das Areal war eine riesige wüste Brache mit überwiegend sehr ruinösen Kasernengebäuden. Die sowjetischen Soldaten hatten fast alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war: Fußböden waren herausgerissen, Türen und Fenster fehlten.“ Und in der Mitte der acht Kasernen, bemerkt der Stadtplaner, ein riesiges Übungsgelände, unter dem die militärischen Altlasten verborgen in der Erde lagen. 

Ein altes, saniertes Stallgebäude.
Das Gebäude nach der Sanierung: Heute befinden sich in dem Bau Büros.

Der neue Norden

Zusammen mit weiteren Planern machte er sich an die Arbeit, das Feld zu entwickeln. „An Bauen war noch gar nicht zu denken. Die Stadt und der Entwicklungsträger waren erst mal dabei, die ganzen Planungen zu konkretisieren, die militärischen Hinterlassenschaften zu beseitigen, ober- und unterirdisch.“ Für ihn begann eine, wie er selbst sagt, aufregende Zeit. Schließlich bekommt nicht jeder Stadtplaner die Gelegenheit, einen neuen Stadtteil auf einer „300 Hektar großen Wiese“ zu entwickeln.

 

„Wir saßen lange Zeit in einem alten Baucontainer, dort wo heute die Kassenärztliche Vereinigung an der Pappelallee steht. Im Winter sind uns die Leitungen eingefroren. Es fuhr noch keine Straßenbahn. Aber bei uns herrschte Aufbruchstimmung, etwas ganz Neues zu erschaffen.“ Mittlerweise ist die Entwicklung des Bornstedter Feldes nahezu abgeschlossen. 

Jochen Putz arbeitet und plant auch heute für den neuen Potsdamer Norden. Doch mit der Entwicklungsmaßnahme Krampnitz ist dieser etwas weiter nach oben gerutscht. Detlef Kaminski ist immer noch mit dem Bornstedter Feld verbunden. Seit acht Jahren ist er hier zu Hause.

TEXT CAROLIN BRÜSTEL

Im Winter sind uns die Leitungen eingefroren. Es fuhr noch keine Straßenbahn. Aber bei
uns herrschte Aufbruchstimmung, etwas ganz Neues zu erschaffen.

Ein Mann auf einer grünen Wiese. Im Hintergrund sind Bäume und Gebäude zu sehen.
Jochen Putz, Entwicklungsträger Bornstedter Feld