Zurück zum Wir
Wie die Menschen wohnen, hat sich im Gegensatz zu früheren Zeiten stark verändert. Immer mehr leben allein, große Familienverbände gibt es kaum noch. Die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft tut ihr Übriges. Doch viele entdecken die Vorteile gemeinschaftlichen Wohnens wieder und möchten zurück zum „Wir“. Die ProPotsdam hat einige solcher Initiativen als Bauherr unterstützt. Ob Mehrgenerationenwohnen, betreutes Wohnen oder Demenz-WG – kein Vorhaben gleicht dem anderen. Die meisten solcher Projekte lassen sich aus wirtschaftlichen Gründen nur im Neubau realisieren, da der Umbau bestehender Wohnungen und Gebäude sehr aufwendig ist.
Das Gemeinwohl im Blick
An der Viereckremise, direkt am Volkspark Potsdam, befindet sich die Montevini, ein betreutes Wohnen für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen. Der Paritätische Landesverband Brandenburg, Träger der Einrichtung, war auf die Stadt und die ProPotsdam zugegangen, weil das damalige Domizil in der Weinbergstraße aufgrund der Brandschutzbestimmungen aufgegeben werden musste. Seit 2015 finden im neuen Gebäude drei Wohngruppen für je acht Klienten sowie Gemeinschafts- und Therapieräume Platz. Außerdem gibt es für das Projekt „Trainingswohnen“ sechs Einzelappartements, in denen Bewohner sich auf das Leben außerhalb der Einrichtung vorbereiten können. Aus den gemeinsamen Planungen mit der ProPotsdam ist mit der Montevini laut Einrichtungsleiter Nico Weigel ein „fantastischer Kompromiss“ entstanden. Denn nicht jeder Wunsch kann bei solchen Projekten umgesetzt werden und das Objekt muss so gebaut werden, dass es auch langfristig für andere Nutzergruppen geeignet wäre.
Experimente wagen
Nicht weit von der Viereckremise entfernt befindet sich das Wohnprojekt Konvoi. In der Bartholomäus-Neumann-Straße leben in 24 barrierefreien Wohneinheiten Singles, Paare und Familien. Jede Mietpartei hat ihren privaten Bereich, aber auch der generationenübergreifende nachbarschaftliche Kontakt und die gegenseitige Hilfe sind für die Konvoi-Bewohner essenziell. Gefördert wird das Miteinander durch einen Begegnungsraum, die foyerartige Eingangszone und die modifizierte Laubengangerschließung der Wohnungen. „Dort läuft man seinen Nachbarn öfter über den Weg als im klassischen Wohnhaus“, so Helfried Quint, Teamleiter Neubauten bei der ProPotsdam. „Das ist eine Besonderheit, die wir dort so erstmals realisiert haben.“
Konzipiert wurde das Konvoi seit 2009 gemeinschaftlich von den Vereinsmitgliedern, die sich einige Jahre zuvor zusammengefunden hatten, und der ProPotsdam. Zwar sei es aufwendig, alle an einen Tisch zu holen, so Quint. Die Mühe lohne sich aber. So seien dann auch „experimentelle“ Bauweisen wie beim Konvoi-Projekt möglich, die auch Impulse für künftige Projekte geben können. Der Kostenrahmen muss dabei natürlich eingehalten werden, denn Bauherr und wirtschaftlich verantwortlich bleibt das Wohnungsunternehmen.
Modellprojekt in Drewitz
Eine ganz andere Herausforderung ist es, bestehende Gebäude für spezielle Bedarfe umzubauen. So geschehen bei der Sanierung der Rolle in Drewitz, wo im Rahmen der Sanierung in der Konrad-Wolf-Allee 39 – 45 insgesamt 43 Ein- bis Zweizimmerwohnungen sowie ein Gemeinschaftsraum für verschiedene Zielgruppen entstanden. Im Fall der Rolle gestaltete sich der Umbau recht aufwendig, wenn auch technisch unkompliziert, berichtet Projektleiter Dr. Kristian Klüsener: „Aus der WBS-70-Platte kann man sehr viel machen.“ Zudem ließ die ProPotsdam einen Fahrstuhl einbauen und richtete eine Gemeinschaftswohnung zur Begegnung ein. Das Modellprojekt „Freude an Gemeinschaft“, das in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Potsdam entstand, richtet sich sowohl an Singles und Familien, Senioren und Auszubildende, Alleinstehende mit Kind sowie junge Erwachsene mit und ohne Migrationshintergrund.
Hinsichtlich der Zukunft alternativer Wohnformen ist sich Helfried Quint sicher: „Der Bedarf wird auch weiterhin zunehmen.“
TEXT ANJA RÜTENIK