Aus der EINSVIER: Umweltbildung unter freiem Himmel

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Ein Mann und eine Frau machen Gartenarbeit, im Hintergrund stehen Plattenbauten

Unter freiem Himmel 

In der Erde buddeln, Gemüse ernten und Insekten bestimmen: Wo lässt sich besser etwas über das Leben in und mit der Natur lernen als draußen? In Potsdam gibt es viele grüne Lernorte für Groß und Klein. EINSVIER nimmt Sie mit auf einen Spaziergang. 

Erster Halt: Drewitz

Ein Bauwagen, Hochbeete und Insektenhotels: Ein bisschen sieht es hier aus wie bei „Löwenzahn“ mit Peter Lustig. Dabei bin ich mitten in Drewitz – und zwar auf der ehemaligen Tram-Wendeschleife. Seit 2017 bringt das geförderte Projekt „Wendeschleife-Klimagarten im Quartier“ Umweltthemen in den Stadtteil. Herzstück ist der 200 Quadratmeter große Klimagarten. Hier wird gemeinsam gegärtnert, gebastelt, gebaut und gelernt. Besonders im Fokus steht das Thema Nachhaltigkeit – passend zum Konzept der Gartenstadt Drewitz. Denn bis dato hatte es keine Umwelt-Initiative im Kiez gegeben, berichtet Wendeschleifen-Mitarbeiterin Marei Frener. In Projekten für Kitas und Schulen und Veranstaltungen für Alle vermitteln sie und ihr Kollege Andreas Zurell Wissen rund um ökologisches Handeln. Dazu können Drewitzer eigene Hochbeete bewirtschaften. Die meisten Nutzerinnen und Nutzer des Klimagartens kommen aus dem Stadtteil. „Aber auch aus dem Schlaatz, dem Kirchsteigfeld oder aus Griebnitzsee haben wir Gäste“, berichtet Marei Frener.

Eine Frau sitzt im Freien auf einem Stein und lächelt in die Kamera, im Hintergrund ist ein Bauwagen zu sehen.
Seit 2017 Ansprechpartnerin für Klimaschutz im Quartier: Marei Frener vom Team der Wendeschleife.

Ursprünglich wurde der Klimagarten als regelmäßiges Draußen-Angebot des Begegnungszentrums oskar. geplant, von dem er nur einen Katzensprung entfernt ist. Von 2017 bis 2019 war der Soziale Stadt Potsdam e. V., der heute eine gemeinnützige GmbH ist, Träger des Projekts. Seitdem betreibt der StadtrandELFen e. V. die Wendeschleife.

Die „Soziale Stadt“ blieb jedoch als enger Kooperationspartner erhalten. Inzwischen geht das Team mit seinen Aktivitäten noch mehr in den Stadtteil – zum Beispiel mit dem ein­zigartigen Projekt „Essbare Innenhöfe“, das als Ableger des Klimagartens das Konzept der „Essbaren Gartenstadt“ voranbringen möchte. In einem Innenhof im sogenannten Quartier 13 entsteht seit 2020 in Kooperation mit der GEWOBA ein Garten mit Kräutern sowie Obst und Gemüsepflanzen. Im März und April dieses Jahres gab es bereits gemeinsame Pflanzaktionen. Für Mai ist ein Hoffest geplant.

Apropos Veranstaltungen: Seit der CoronaPandemie hat die Wendeschleife auch kontaktlose Angebote. Für 2021 plane das Team „zweigleisig“, berichtet Marei Frener. Die Projekte und Veranstaltungen können dann je nach der aktuellen Lage vor Ort oder im vir­tuellen Raum stattfinden.

Zweiter Halt: Bornstedt

Ich verabschiede mich von Marei Frener und mache mich auf den Weg nach Norden, einmal durch Potsdam. Dort, am Rand von Bornstedt, aber dennoch mitten in der Stadt, liegt die Habichtwiese: Ein Natur- und Begegnungsort in dem wachsenden Stadtteil mit einer 6000 Quadratmeter großen Wildwiese, Bauwagen, Feuerstelle, Gemeinschaftsbeeten, Streuobstwiese, Bienenstöcken und vielem mehr. Träger der Habichtwiese ist ebenfalls der Verein StadtrandELFen. „Wir sehen uns als Ermöglicher“, sagt Vorstandsmitglied Heike Roth. Will heißen: Wer Ideen für Projekte hat oder einfach mit anpacken möchte, ist jederzeit willkommen. Schon jetzt ist die Habichtwiese eine echte Multifunktionsfläche. So gibt es Projekttage für Kitas und Schulen, offene Begegnungsangebote für Nachbarn und Familien, Mitmach-Bauwochenenden, Kooperationsangebote wie Pfadfindergruppen und Live-Rollenspiele, sogenannte LARP. „Die Wiese bedeutet für jeden etwas anderes und ist nicht auf eine Nutzung festgelegt“, so Heike Roth.

Ein Mann und eine Frau stehen in einer grünen Umgebung, zwischen ihnen steht ein großes Insektenhotel
Betreuen mit ihrem Verein StadtrandELFen die Habichtwiese in Bornstedt: Frank Hübner und Heike Roth.

Im vergangenen Jahr hat der Verein erstmals Ferienprogramme auf die Beine gestellt – als Ersatz für abgesagte Urlaube und zur Entlastung der Eltern. Diese sollen fortgesetzt werden, ebenso die Lagerfeuerkonzerte. Die StadtrandELFen arbeiten ehrenamtlich und werden durch die Stadtteilarbeit Bornstedt unterstützt. Auch die ProPotsdam gehört zu den Sponsoren der Habichtwiese und hat beispielsweise Kindergeschirr gestiftet. Inzwischen hat das Projekt auch außerhalb Potsdams Aufmerksamkeit generiert: 2020 wurde es im Rahmen der UN-Dekade für biologische Vielfalt im Rahmen des Sonderpreises „Soziale Natur – Natur für alle“ ausgezeichnet.

Eine Frau sitzt auf einer Holztreppe in der Sonne, die Treppe gehört zu einem hölzernen Bauwagen, am Bauwagen ist ein Schild mit Grüner Wagen zu sehen
Kennt den Volkspark wie ihre Westentasche: Susann Müller vom „Grünen Klassenzimmer“.

Dritter Halt: Volkspark 

Knapp anderthalb Kilometer Luftlinie östlich begrüßt mich der Grüne Wagen im Volkspark Potsdam. Er ist Treffpunkt und „Gesicht“ des Grünen Klassenzimmers. Hier treffe ich Susann Müller, die Projektstunden und -tage sowie Ferienprogramme zu den unterschiedlichsten Unterrichtsthemen anbietet – für Kita- und Schulgruppen jeder Altersstufe. Als offenes Angebot für Familien gibt es an den Wochenenden in der Saison die „Grüne Pause“. In diesem Jahr startete das Grüne Klassenzimmer am 12. April – so, wie es die aktuelle Lage zulässt. 
 

Das Grüne Klassenzimmer ist ebenso alt wie der Volkspark selbst. Weil das Angebot zur Bundesgartenschau 2001 so gut angenommen wurde, wurde es beibehalten. „Der Bedarf an außerschulischen Lernorten ist sehr groß, und der Volkspark ist gut zu erreichen“, so Susann Müller. Die Natur mit allen Sinnen zu erfahren, ist gerade bei Grundschülern sehr beliebt, sagt sie. Parkbereiche wie die Streuobstwiese oder das Baumhaus im nördlichen Re­misenpark sind geradezu prädestiniert für ihre Arbeit mit den Kindern. Auch gebe es im Park noch so manchen „wilden Ort“ zu entdecken. „Unsere Angebote sind immer gut ausgebucht“, freut sich Susann Müller, die neben einem landwirtschaftlichen Studium auch eine pädagogische Ausbildung absolviert hat.

Seit 2019 gibt es außerdem die „Wilde Möhre“, einen offenen Garten mit Hochbeeten, der mit Hilfe von Fördermitteln angelegt wurde. Sogar „Rolli-Beete“ gibt es hier, die für Rollstuhlfahrer zugänglich sind. Hier kann man, ebenso wie in Drewitz und auf der Ha­bichtwiese, forschen, entdecken und in die Natur eintauchen.