Januar – Französische Kirche
Das römische Pantheon ist ein mächtiger und weltweit bekannter Bau. Die Französische Kirche in der Potsdamer Innenstadt hingegen wird nicht bei jeder Sightseeing-Tour einen der Top-5-Plätze einnehmen. Zu Unrecht – denn ein Besuch der Kirche vermittelt schnell, dass man es hier mit etwas ganz Besonderem zu tun hat. Der kleine Rundbau am Rande des Bassinplatzes entstand 1753 auf Geheiß von König Friedrich II. Der Architekt Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff entwarf sie nach
einem der Lieblingsbauwerke des Königs: dem Pantheon. Weitere Nachahmungen dieses berühmten Grundrisses sind über ganz Potsdam verteilt – prominent in Szene gesetzt auch in dem ovalen Zentralbau des Schlosses Sanssouci.
Die Kirche war von Beginn an als Zufluchtsort gedacht: Entsprechend dem Potsdamer Toleranzedikt sollte sie eingewanderten Hugenotten ein sicherer Ort für ihren reformierten Glauben sein. Gut 50 Jahre später kam es während der französischen Besatzung zu erheblichen Schäden an dem Kirchenbau – das Gebäude hatte vorübergehend als Magazin gedient. Im Zuge der Sanierung 1833 gestaltete Karl Friedrich Schinkel den Innenraum neu. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Kirche nahezu verschont. Aber 1968 traten Spätschäden hervor – eine weitere Nutzung musste untersagt werden. Fast zwei Jahrzehnte lang sorgten Leerstand und Sanierungsstau für allmählichen Verfall. 1985 erfolgte eine mangelhafte Sanierung des Daches und Außenputzes – beide Elemente mussten, neben vielen anderen Maßnahmen, bereits zwischen 1991 und 2003 durch den Sanierungsträger erneuert werden. Rund ein Drittel der Kosten übernahmen die Pressestiftung Tagesspiegel und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Darüber hinaus wurde die Kommune durch eine Förderung des Programms „Städtischer Denkmalschutz“ entlastet. Heute präsentiert sich der Innenraum in restaurierter Farbfassung. Hier herrscht eine besondere Ruhe – diese erinnert an den ergreifenden Moment, wenn man in einer italienischen Großstadt in Nebengässchen ausweicht und dort eine kleine Kirche betritt. Plötzlich umgibt einen eine fast mystische Stille. In der Französischen Kirche steht diese Stille in wunderbarem Kontrast zu einer herausragenden Akustik: Die historische Orgel von Johann Wilhelm Grüneberg und Konzerte verschiedenster Stilrichtungen erfüllen den Rundbau regelmäßig mit unvergesslichen Klängen.
Julia Theek – Knobelsdorffs Temple de Potsdam
Regalbrett besprüht, 38 x 42 cm, 2021
Inspiriert durch die Spaziergänge mit ihrem Großvater, dem Maler und Kunstpädagogen Paul August, hatte die Potsdamer Stadtlandschaft für Julia Theek schon immer eine umfassende historische Dimension. 1966 in Potsdam geboren, ist die freischaffende Künstlerin hier durch ihre Familie, die Projektleitung der Schlössernacht von 1999 bis 2009 und die Restaurierung der Minerva-Figur des Theaterflügels verwurzelt. Seit dem Vorschulalter erlernte sie klassische Kunsttechniken wie Aquarell, Öllasur oder Drucktechniken, später erweiterte sie ihr Repertoire um Film- und Videoarbeiten. Sie studierte Kulturwissenschaft und Ästhetik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 1991 bis 2009 entstanden ihre Kulturdokumentationen für verschiedene Fernsehsender. In Berlin kam sie zur Street-Art, ihre klassischen Sujets sind auf umfangreichen Schablonensätzen gesprüht. Besonders beeinflussten sie der Graffiti-Künstler Banksy und die Farbwelt Carl Blechens. Ihre Werke sind im Potsdam Museum, in der Universität Rostock, im Schloss Branitz und in namhaften Privatsammlungen vertreten. Julia Theek hat in Italien, Spanien und deutschlandweit ausgestellt. Seit 2010 beschäftigt sie sich zunehmend mit Upcycling, indem sie im künstlerischen Prozess vorwiegend mit bereits gebrauchten Materialien arbeitet.